Wir segeln so ein bisschen über den Lago Atitlán. Mit einem gewissen John auf seinem Boot. Der hängt recht relaxed in der Ecke, gibt unsrem Axel ziemlich direkt das Ruder in die Hand und chillt seine Basis. Ah da schau her, kommt doch ein bissl ein Wind auf. „Jetzt wollen wir schaun, dass möglichst viele von uns auf der Seite vom Boot sitzen“, sagt der Kapitän und meint mir „der“ Seite eindeutig die, die grad völlig plötzlich ganz weit aus dem Wasser steht, während die, auf der wir uns noch befinden, sich schon quasi auf selber Höhe mit der Wasseroberfläche befindet. Gekreische. Geht sich alles aus. Angeblich sowieso immer, weil ab einer gewissen Kippung fährt der Wind irgendwie drüber oder unten durch jedenfalls nix mit kentern. Naja. Wieder so ein Manöver. Ob das Boot auch weiß, dass es nicht umkippen kann, will ich wissen, während ich mich mit voller Kraft gegen meine Seite stemme. Völlig blödsinnig, is mir klar. „Bist du schon mal am Meer gesegelt?“, fragt jemand unseren Kapitän. Stellt sich heraus, der is noch überhaupt nirgends gesegelt jemals, also bevor er sich’s mit diesem Boot selber beigebracht hat. Ich will nicht wissen, wann das war und find überhaupt, dass das ein Gespräch für an Land ist. Und dabei stresst das alles mich ja nicht so wirklich eigentlich. Schwimmen kann ich. Sowieso, geh ich ja jetzt jeden Tag mit dem Axel im See trainieren. Fürs Surfen nächste Woche. Aber heut hab ich halt ausgerechnet mein Handy mal dabei, wegen Fotos, die ich ohnehin nicht mach. Und ein bissi stresst mich vielleicht auch der 6-jährige Jake, der da herumspringt, wie ein kleiner Affe auf Amphetaminen und ständig die Laber offen hat. Dass der da nochmal reinfallen wird, ins Wasser, stellt John, der auch irgendwie der Vater des Jungen ist, trocken fest. Ja. Vermutlich. Auch egal, schwimmen kann er und sonst würden wir ihn halt rausfischen. Im ersten Moment regt sich mein westeuropäischer Sinn für Erziehung. Dann find ich’s cool eigentlich, dass der Knirps sich ausleben kann und nicht mit irgendwelcher ADHS Medizin zugestopft wird. Was soll schon passieren, irgendwie. Einmal spukt er Saft über die Reeling. Gegen den Wind. Dass das keinen Sinn macht und er das unterlassen soll, sagt sein Vater neutral. „Okay“, Jake nickt. Ich habe das Gefühl, es wird nicht mehr vorkommen. Schon ein guter Fleck Erde, dieses San Pedro. Ich kann nachvollziehen, dass man hier leben will. Oder hängen bleibt. Oder wiederkehrt zumindest.