Dr Google

Jetzt muss ich grad so vorm Einschlafen an meinen Gynäkologen denken. Das is nicht was, was ich eigentlich mach. Aber hey, Gedanken.. man kennt das ja, mal hierhin mal dorthin. Möglicherweise hats was damit zu tun, dass ich grad zur Kontrolle bei ihm war. Was mir jetzt jedenfalls einfällt, dass mir aufgefallen ist: Je älter ich werd, desto jünger kommt mir der vor. Weil ich mir dann überlegt hab, dass ich da ja auch schon wieder seit irgendwas an die zehn Jahre hinlatsch eigentlich. Wir kennen uns also eine ganze Weile. Das kommt einem nur nicht so vor, weil man den ja ohne Schwangerschaft oder Schlimmerem – quasi im Normalfall – nur so knapp zweimal alle anderthalb Jahre trifft plusminus. Und wenns mir schon so geht, wo er ja mein einziger Frauenarzt ist, bei ihm natürlich zum Quadrat. Drum würd ich das auch nicht mit ihm besprechen, also dass er gut altert oder meine Wahrnehmungsveränderung bezüglich weißhaariger Männer über die letzte Dekade. Wär zu schräg irgendwie. Witzig eigentlich, dass ich da mit gespreitzten Beinen vor ihm sitze und er mir diverse Gerätschaften einführt, wird gar nicht in Frage gestellt. Das ist völlig normal. Also eh, is es ja auch zum Glück. Oder hoffentlich, also mir wär jetzt fix nicht geholfen, wenn ich das Gefühl hätt, er findet die Situation schräg und drum kommt mir selber das auch aktiv nicht komisch vor. Außer, wenn ich genauer drüber nachdenk. Aber dann kommt einem sowieso immer alles komisch vor. (So wie wenn man ein Wort ganz oft hintereinander sagt. Onkel zum Beispiel geht gut, da brauch ich überhaupt nur höchstens vier Wiederhohlungen – Onkel Onkel Onkel Onkel.) Also überleg ich dann doch auch, welches Gelaber da jetzt passend sein könnt, während er in mir herumwerkelt. Weil das muss schon von mir kommen, fühl ich. Erstens muss er ja was arbeiten, sich konzentrieren und zweitens für ihn noch schwieriger, da irgendwie unverfänglich zu starten. So ein ganz normales Gesprächsthema fällt mir immer nie ein. Vielleicht, weil ich selten zum Friseur geh oder mir die Nägel machen lass oder so. Leute, die sich viele solche Dienstleistungen holen, sind da bestimmt abgebrühter. Da macht der eine seine Arbeit und der andere lässt den arbeiten und liest oder denkt nach oder schaut blöd (geht auch beides) oder spielt Handy oder was. In Wahrheit ist das wohl auch dem Arbeitenden am liebsten. Weil das kann man sich ja vorstellen, wie der frisierende Mensch sich freut, wenn zumindest einer von wasweißich zehn zu Frisierenden kurz einmal die Pappen hält. Also beim Friseur is eigentlich eh easy. Da brauch ich nicht viel Übung, da sag ich „ich würd jetzt mein Buch lesen, aber ich bin da, falls Sie reden wollen.“ Wobei auch gar nicht so die Höflichkeit, eher Selbstschutz. Weil das magst dir gut überlegen, welches Gespräch du da anfängst, wo du, wenn du blonde Haare bekommen willst zum Beispiel, vielleicht drei Stunden nicht mehr raus kommst. Jetzt Gynäkologe ganz andere Geschichte. Das dauert nämlich üblicherweise eher nur so ein paar Minuten. Käm mir jetzt auch übertrieben vor, überhaupt ein Buch auf den Stuhl mitzunehmen. Und wenn ich höflich erklären würd – und ohne gehts einfach nicht – dass ich eh da bin, falls er was braucht, is schon wieder vorbei quasi. Aber fieberhaft überleg ich doch immer, ob mir nicht was Passendes einfällt. Aber nix. Eher so, „schön haben Sie‘s hier“, völlig vertrottelt. „Gesegnet ist, wer nichts zu sagen hat und trotzdem schweigt“, sag ich mir dann und laut nix und schau stattdessen ganz interessiert auf den Monitor, auf dem ich eh nie was erkenn, (außer, dass ich mir immer kurz einbild, da is was.) Man unterhält sich ja mit anderen Leuten, die man nicht so gut kennt, aber zum Beispiel weiß, was sie beruflich machen, weil man eben gerade von ihnen verschönert, untersucht oder sonstwas wird, auch oft mal zum Rantasten über das, was die da machen. Nur den Absrpung schaff ich beim Gynäkologen nie rechtzeitig. Aber Hauptsache jetzt, wo ich da im Bett lieg unds viel zu spät is, kommen sie daher, die brennende Fragen, die zumindest halbwegs zu seinem Beruf passen würden. Ob der, wenn der da mit dieser Spreizzange aufmacht, reinsieht bis „Oben“ zum Beispiel und ob er da schon mal erschrocken ist, quasi was das Ärgste, das er je gesehen hat am Ende des Ganges. Oder doch medizinischer, ob ein Muschipilz so Sporen hat wie ein echter Pilz, sowas alles. Klar, das könnt man jetzt googeln und vielleicht wär das weniger peinlich, aber schon irgendwie langweiliger auch. Ich nehm mir mal vor, ich spars mir auf für den nächsten Kontrolltermin. Und wenn ich dann in acht bis zehn Monaten wieder bei ihm rausgeh und später im Bett lieg und mir einfällt, dass ich wieder alles vergessen hab, dann frag ich Dr. Google zumindest das mit dem Schwammerl. Swag.

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